Männer im Alter

4. Das komplexe System der Hormone

4.4 An dieser Stelle ein paar Worte zum Thema Prostata

Viele Fragen zum Thema Prostata und Alter sind noch nicht ausreichend geklärt. Erkrankungen der Prostata werden wegen ihrer Häufigkeit oft allgemein als „Alte-Männer-Krankheit“ bezeichnet.

Sicher ist, dass Männer mit zunehmendem Alter verstärkt an Prostatabeschwerden leiden. Beginnend mit dem 30. Lebensjahr nimmt die Prostata an Größe zu. Fast die Hälfte der 60jährigen Männer weist eine vergrößerte Prostata mit mehr oder weniger starken Beschwerden auf. Zwischen 70 und 80 Jahren steigt dieser Prozentsatz auf über 80 % an. Bei nahezu 30 % der Männer werden die Beschwerden so stark, dass nur eine Operation Abhilfe schaffen kann. Meist ist die Erkrankung gutartig, doch sollten häufiger Harndrang, verzögertes Wasserlassen, nur geringe Mengen Harnabgang, Nachträufeln, Schmerzen oder Blut im Urin einen Mann dazu veranlassen, schnellstens eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen.

Warum es zur Prostatavergrößerung kommt, konnte bis heute nicht sicher geklärt werden. Es gibt verschiedene Theorien. Fast alle haben etwas mit den Hormonen und dem hormonellen Gleichgewicht zu tun. Einerseits haben Eunuchen oder kastrierte männliche Tiere, also Individuen ohne eigene Androgenproduktion, keinerlei Probleme mit der Prostata. Andererseits beginnen die Prostatabeschwerden bei den meisten Männern gerade zu dem Zeitpunkt, an dem die Androgenspiegel absinken bzw. an dem sich das Verhältnis der Androgene und Estrogene verschiebt. Mit großer Wahrscheinlichkeit kommt den Enzymen, die Testosteron in Dihydrotestosteron, das in der Prostata wirksame Androgen, bzw. in Estrogene umwandeln, eine große Bedeutung zu. Einige Behandlungsstrategien bei vergrößerter Prostata basieren darauf, die Wirkung dieser Enzyme zu bremsen. Vorbeugende Maßnahmen, die Prostatabeschwerden von vornherein zu verhindern, haben sich bis heute noch nicht durchgesetzt. Doch können erste Ansatzpunkte mit Sicherheit auch hier beim Zusammenspiel der Hormone gesucht werden.

Neben dieser gutartigen Prostatavergrößerung gibt es auch bösartige Veränderungen des Prostatagewebes. Diese treten allerdings seltener auf. Trotzdem ist jenseits des 50. Lebensjahres das Prostatakarzinom die häufigste bösartige Erkrankung des Mannes. Da Asiaten wesentlich seltener an einem Prostatakarzinom erkranken als etwa Mitteleuropäer oder Amerikaner, kann angenommen werden, dass bei der Entstehung eines Prostatakarzinomes die Ernährungsgewohnheiten, Umwelteinflüsse und der Lebensstil eine bedeutende Rolle spielen.

Leider sind über 80% der Prostatakarzinome in Deutschland zum Zeitpunkt der Diagnose bereits in einem fortgeschrittenem Stadium. Der Hauptgrund hierfür ist die seltene Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchung. Die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung beim Urologen ist die beste prophylaktische Maßnahme zur Früherkennung eines möglichen Prostatakarzinomes und damit zu einer Therapie mit den größtmöglichen Heilungschancen. Auch hier sind die Frauen den Männern schon einen Schritt voraus, denn der mindestens jährliche Weg zum Frauenarzt mit Krebsvorsorgeuntersuchung ist für Frauen bereits Routine.

Die häufig diskutierte Frage, ob eine Testosterontherapie zur Entwicklung von Prostatakarzinomen führt, hat sich in klinischen Studien und nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht bestätigt. Lediglich ein bereits bestehendes Prostatakarzinom kann unter Testosterontherapie vermehrt wachsen. Auch für das Prostatakarzinom gilt: Bei Eunuchen tritt es niemals auf, aber gerade in einem Alter, in dem die Produktion der männlichen Hormone nachläßt, ist das es besonders häufig zu beobachten.

Der behandelnder Arzt wird immer darauf achten, dass vor und unter einer Hormontherapie regelmäßig die Prostata untersucht wird.